Der EU-Rat hat unter der belgischen Ratspräsidentschaft am 15.03.2024 widererwartend doch noch eine politische Einigung auf die Europäische Lieferkettenrichtlinie (CSDDD: Corporate Sustainability Due Dilligence Directive) erzielen können. Das Gesetzgebungsverfahren ist somit politisch gesehen abgeschlossen. Der erfolgte Beschluss der Richtlinie weist zahlreiche Änderungen zu den zuvor diskutierten Entwürfen auf und ist gegenüber vorherigen Entwürfen abgeschwächt worden.

Anwendungsbereich
Der Anwendungsbereich der Richtlinie wurde vom Rat auf Unternehmen mit 1.000 Mitarbeitern und 450 Mio. Umsatz nach vier Jahren begrenzt. Zunächst fallen Unternehmen (aus der EU und Nicht-EU) mit mehr als 5.000 Mitarbeitern und einem weltweiten Umsatz von mehr als 1,5 Mrd.  Euro darunter. Diese Schwellen werden dann nach drei Jahren auf 3.000 Mitarbeiter und 900 Mio. Euro Umsatz abgesenkt, bevor dann die Schwelle von 1.000 Mitarbeitern und 450 Mio. Euro nach vier Jahren gilt. Damit sind weniger Unternehmen direkt betroffen als nach dem deutschen Lieferkettengesetz (LkSG), da dieses keine Umsatzgrenze kennt.

Problematisch ist die Weiterreichung der Verpflichtungen in der Lieferkette, wie dies auch beim deutschen LKSG zu beobachten ist. Die EU-Kommission soll eine Liste der betroffenen Nicht-EU-Unternehmen veröffentlichen. Für sie könnten die Vorgaben gelten, wenn sie mit ihrem Geschäft einen bestimmten Umsatz in der EU erzielen.

Zivilrechtliche Haftung
Es soll eine Frist von fünf Jahren für die Geltendmachung von Ansprüchen derjenigen festgelegt werden, die von nachteiligen Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit betroffen sind. Die Offenlegung von Beweismitteln, Unterlassungsmaßnahmen und Verfahrenskosten für Kläger ist begrenzt. Wenn ein Unternehmen negative Auswirkungen auf die Umwelt oder die Menschenrechte durch einige seiner Geschäftspartner feststellt, müsste es als ultima ratio-Lösung die Geschäftsbeziehungen beenden, wenn diese Auswirkungen nicht verhindert / beendet werden können. Dieser Bereich wurde in Details noch geändert, ist aber im Grundsatz erhalten geblieben.

Risikoanalyse
Die Maßnahmen zur Risikoanalyse und zur Schaffung von Abhilfe- und Vorbeugemaßnahmen sind schon aus dem deutschen LkSG bekannt.

Streichung von Risikosektoren
Zudem wurden sogenannte Risikosektoren gestrichen, also Wirtschaftszweige, in denen das Risiko für Menschenrechtsverletzungen höher bewertet wird, wie etwa in der Landwirtschaft oder der Textilindustrie. Dort hätten auch Unternehmen mit weniger Mitarbeitenden betroffen sein können Im Rahmen der Behandlung dieser Risikosektoren war auch explizit der Großhandel angesprochen. Der Passus ist nun nicht mehr enthalten.

Weiteres Vorgehen
Der Vorschlag muss noch formal vom Rat beschlossen werden. Das EU-Parlament wird voraussichtlich am 24.04.2024 zustimmen. Die Richtlinie ist nach Verabschiedung in nationale Gesetze umzusetzen, so dass es noch einige Jahren dauern wird, bis sie vollumfänglich in den jeweiligen Mitgliedsstaaten umgesetzt sein wird. Das LkSG wird dann entsprechend angepasst.

Die Umsetzung wird der AHV NRW weiterhin kritisch begleiten und ist für Erfahrungswerte weiterhin sehr dankbar.