Am 25.04.2023 startete die fünfte Staffel der erfolgreichen AHV NRW Veranstaltungsreihe „Fit for Trade / Vermittlung von Grundlagenwissen für Nachwuchskräfte“.

Den Auftakt gab es mit dem Webinar zum Thema: „Juristisches Grundwissen für das Alltagsgeschäft mit internationalem Bezug (Beginners)“. Referent war Herr Dr. Fabian Breckheimer, Fachanwalt für internationales Wirtschaftsrecht, von tradeo | Legal Advisors in Düsseldorf. Das Thema wurde aufgrund der Komplexität und der Rückkopplung aus dem Mitgliederkreis in zwei Seminartermine aufgeteilt. Das Webinar am 25.04.2023 richtete sich vorrangig an Personen ohne nennenswerte juristische Vorkenntnisse. Hier wurden u.a. Grundlagen des Vertragsrechts und des AGB-Rechts im Auslandsgeschäft erörtert.

Wer Geschäfte macht, sei es als Verkäufer bzw. Auftragnehmer oder als Käufer bzw. Auftraggeber, bewegt sich rechtlich nie im luftleeren Raum. Auf jeden Geschäftsvorgang finden Gesetze Anwendung. Dabei kommt es u.a. auf die Art des Geschäfts (Kaufrecht, Werkvertragsrecht etc.) an, maßgeblich aber auch auf das jeweilige Land mit dessen eigenen Rechtsordnung, in dem das Geschäft stattfindet.

In Zeiten geopolitischer Verwerfungen und damit einhergehend fragiler Lieferketten war es selten so wichtig wie heute, eine umsichtige und vorausschauende Vertragsgestaltung an den Tag zu legen. Die Vertragsgestaltung ist daher ein wichtiger Baustein innerhalb des eigenen Risikomanagements. Im Laufe des Webinars wurden Wege aufgezeigt, wie jeder Außenhändler die gesetzliche Ausgangslage zu seinen eigenen Gunsten vertraglich präzisieren und optimieren kann. Im Hinterkopf stehen dabei stets die zwei entscheidenden Fragen „Was kann passieren?“ und „Was soll dann gelten“. Augenmaß und Realismus sind bei der Vertragsgestaltung zu berücksichtigen: Es macht keinen Sinn, „mit Kanonen auf Spatzen zu schießen“.

In einem Exkurs ging der Referent dann auf englischsprachige Verträge ein. Im internationalen Geschäft wirken oftmals multinationale Teams mit, die die Vertragsgestaltung maßgeblich mitbestimmen. Hier ist höchste Sorgfalt und auch Bescheidenheit erforderlich. „Legal English“ und „Plain English“ sind zwei Welten. Begriffe wie z.B. „consideration“ haben bei ihrer Anwendung in der Vertragsgestaltung häufig eine völlig andere Bedeutung als im Alltagsgebrauch.  Im Zweifel ist es daher empfehlenswert, den Begriff, der gemeint ist, in deutscher Sprache in Klammern zusetzen und in einem zusätzlichen Textbaustein zu beschreiben, was damit gemeint ist.

Intensiv wurde anschließend auf die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) in nationalen und internationalen Verträgen eingegangen. Auf nationaler Ebene werden an die inhaltliche Wirksamkeit von AGB strenge Maßstäbe angelegt. Das Gesetz sagt, dass eine AGB-Klausel dann unwirksam ist, wenn sie den Vertragspartner unangemessen benachteiligt. In der Praxis kommt es im Streitfall immer auf den Einzelfall an. Zur wirksamen Einbeziehung der AGB liegen unzählige Gerichtsentscheidungen vor, auf die man sich bei der Beilegung des Streits unter Umständen beziehen kann. Beschränkungen des AGB-Rechts kann man durch Individualverträge auf Basis des Grundsatzes der Vertragsfreiheit entgehen. Hier gibt es seitens der Rechtsprechung jedoch hohe Anforderungen an die Ausgestaltung eines Individualvertrages. In einem Individualvertrag müssen die Vertragsklauseln im Einzelnen zwischen den Parteien ausgehandelt werden. Eine Partei darf der anderen ihren Vertragsinhalt nicht aufzwingen. Ein Aushandeln ist damit mehr als ein bloßes Verhandeln. Bei einer Individuellen Vertragsabrede der Parteien, die im Widerspruch zu einer AGB-Klausel steht, hat die Individualabrede Vorrang. AGB können – wenn sie im Vertrag wirksam einbezogen sind – nützen und schaden. Daher ist es ratsam, die eigenen AGB regelmäßig zu aktualisieren. Im weiteren Verlauf des Webinars wurde kurz auf das CISG / UN-Kaufrecht eingegangen, sowie auf Aspekte bei der Festlegung des Erfüllungsorts und des Gerichtstandes, die sicherheitshalber besser in einer Individualvereinbarung anstelle in den AGB festgehalten werden sollte. Alternativen zur staatlichen Gerichtsbarkeit in Form eines Schiedsgerichts („Arbitration“) rundeten das Webinar ab.

Mit einem bunten Strauß an praktischen Handlungsempfehlungen konnten Fragen aus dem Teilnehmerkreis beantwortet und einige Fallkonstellationen aus der Praxis durchgespielt werden.

Hierauf aufbauend findet am 24.10.2023 das Fit for Trade Webinar Juristisches Grundwissen (Advanced) statt, welches sich an Personen mit gewissen Vorkenntnissen im Vertrags- und AGB-Recht richtet. In diesem zweiten Seminarteil werden dann spezifische Praxisprobleme und bestimmte Vertragsklauseln erläutert. Beispielsweise in Bezug auf Verzugsrisiken, Haftungsrisiken, Möglichkeiten der Preisanpassung u.v.m.

Der Außenhandelsverband Nordrhein-Westfalen (AHV NRW e. V.) bietet qualifizierten Nachwuchskräften und Seiteneinsteigern in international tätigen Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen ein zielgerichtetes Weiterbildungsangebot an. Dabei wird auf aktuelle Entwicklungen in der Außenhandelspraxis eingegangen, wie z.B. Russland-Sanktionen, Preisanpassungsklauseln bei Lieferverträgen u.v.m. Im Fokus der Online-Veranstaltungsreihe steht die Vermittlung von Grundlagenwissen im Außenhandel. Der AHV NRW arbeitet mit qualifizierten und erfahrenen Dozenten aus der Außenhandelspraxis zusammen.

Das nächste Fit for Trade Webinar findet am 16.05.2023 zum Thema: Lieferantenerklärungen, Warenursprung und praktische Anwendung statt.

Anmeldung zu den weiteren Fit for Trade Veranstaltungen unter: https://ahv.nrw/nachwuchsfoerderung/