Am 24.10.2023 fand das Fit for Trade Webinar zum Thema: „Juristisches Grundwissen für das Alltagsgeschäft mit internationalem Bezug (Advanced)“ statt. Nachdem sich der erste Seminartermin im April dieses Jahres ausdrücklich an Personen ohne nennenswerte juristische Vorkenntnisse richtete, baute der zweite Seminartermin auf den seinerzeit vermittelten Grundlagen des Vertrags- und AGB-Rechts im Auslandsgeschäft auf. Referent Herr RA Dr. Fabian Breckheimer, Fachanwalt für Internationales Wirtschaftsrecht, TRADEO | Legal Advisors, Düsseldorf, fasste zu Beginn nochmals die Besonderheiten des Vertragsschlusses im Inlands- und Auslandsgeschäft zusammen, die im Fokus des ersten Termins standen, und leitete dann über zu konkreten AGB-Klauseln und Fragestellungen des AGB-Rechts.

Zunächst ging er auf Risiken unterbrochener Lieferketten ein und zeigte anhand von Praxisbeispielen gesetzliche sowie vertragliche Lösungsmöglichkeiten auf.

Die gesetzlichen Vorgaben legen u.a. fest, dass der Verkäufer / Lieferant grundsätzlich das Beschaffungsrisiko trägt. Solange noch Ersatzware auf dem Markt erhältlich ist, muss der Verkäufer alle Möglichkeiten einer Ersatzbeschaffung ausschöpfen. Der in der Praxis vielfach verwendete Begriff der „Unmöglichkeit“ entbindet den Verkäufer in diesen Fällen häufig nicht davon, seine Lieferpflicht zu erfüllen. Die Rechtsprechung hat hier einen sehr strengen Maßstab angelegt und geht davon aus, dass es für den Verkäufer nicht „unmöglich“, sondern nur teurer ist, seiner Lieferpflicht nachzukommen. Das wurde zuletzt durch die Corona-bedingten Lieferketten-Unterbrechungen in Asien und anderswo deutlich. Wenn sich der Verkäufer auf eine Störung der Geschäftsgrundlage berufen möchte, so sind ebenfalls strenge Voraussetzungen gegeben, die in der Praxis selten erfüllbar sind. Zentraler Beurteilungsmaßstab ist auch hier die vertragliche oder gesetzliche Risikoverteilung. 

Vertragliche Gestaltungsmöglichkeiten in Form von Individualvereinbarungen lassen es allerdings zu, dass Beschaffungsrisiko vertraglich von sich zu weisen oder abzufedern. Ein Verweis auf die AGB ist in diesem Zusammenhang mit Risiken behaftet – Stichwort: AGB-rechtliche Inhaltskontrolle.

Anschließend wurde die Verwendung von Force Majeure Klauseln thematisiert. Auch hier empfiehlt es sich, vertraglich konkret festzulegen, was hierunter zu verstehen ist.

Möchte der Verkäufer sein Preisrisiko vertraglich absichern, so empfiehlt sich auch hier, eine individuelle Preisanpassungsklausel mit dem Käufer auszuhandeln und sich nicht alleine auf AGB zu verlassen.

Anschließend wurden die Themen Gewährleistung und Haftung als Teil des vertraglichen Risikomanagements im Auslandsgeschäft erörtert. Der Unterschied zwischen Gewährleistung und Garantie bedarf einer klaren Differenzierung im Vertrag. Seit 2022 gibt es zudem einen neuen Mangelbegriff im deutschen Kaufrecht, der v.a. für die Verkäuferseite Handlungsbedarf mit sich bringt. Was die vertragliche Haftungsbegrenzung betrifft, wurde herausgearbeitet, dass eine effektive Haftungsbegrenzung letztlich nur individualvertraglich erreicht werden kann. Die Möglichkeiten mittels AGB sind hier begrenzt.

Abschließend ging Herr Dr. Breckheimer auf Aspekte der Trade Compliance ein. Dabei handelt es sich nicht um ein klar abgrenzbares Rechtsgebiet, sondern vielmehr um eine Verknüpfung mehrerer Rechtsquellen, wie z.B. Außenwirtschaftsrecht, Exportkontrollrecht, Zollrecht, Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG), etc.. Bei der Umsetzung des LkSG in die Praxis verwies der Referent auf die Hilfestellung seitens des AHV NRW und BDEx für KMU im Hinblick auf die Ausformulierung einer eigenen Grundsatzerklärung, mit der Fragebögen von Kunden, die unter den direkten Anwendungsbereich des LkSG fallen, nicht ausgefüllt werden brauchen, da man auf die eigene Grundsatzerklärung verweisen kann.

Mit einem bunten Strauß an praktischen Handlungsempfehlungen, eingebettet in Beispiel-Vertragsklauseln, konnten Fragen aus dem Teilnehmerkreis beantwortet und einige Fallkonstellationen aus der Praxis durchgespielt werden.

Der Außenhandelsverband Nordrhein-Westfalen (AHV NRW e. V.) bietet qualifizierten Nachwuchskräften und Seiteneinsteigern in international tätigen Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen ein zielgerichtetes Weiterbildungsangebot an. Dabei wird auf aktuelle Entwicklungen in der Außenhandelspraxis eingegangen, wie z.B. Russland-Sanktionen, Preisanpassungsklauseln bei Lieferverträgen u.v.m. Im Fokus der Online-Veranstaltungsreihe steht die Vermittlung von Grundlagenwissen im Außenhandel. Der AHV NRW arbeitet mit qualifizierten und erfahrenen Dozenten aus der Außenhandelspraxis zusammen.

 

Das nächste Fit for Trade Webinar findet am 07.11.2023 zum Thema: Anwendung der INCOTERMS 2020® in der Praxis statt.