Handelspolitik / Für mehr Freihandelsabkommen und weniger Protektionismus

Am 21.11.2022 hat der Außenhandelsverband Nordrhein-Westfalen (AHV NRW e. V.) im Rahmen des After Trade Clubs (ATC Digital Fokus) Mitgliedsunternehmen über den aktuellen Sachstand bei den Freihandelsabkommen informiert. Derzeit bestehen 42 EU-Freihandelsabkommen mit 74 Partnerländern. Herr Marcus Schwenke (BGA), Abteilungsleiter Internationale Handelspolitik & Zoll beim Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA e. V.), gab eingangs einen umfassenden Überblick über den Verhandlungsstand bei Freihandelsabkommen der EU mit Drittstaaten. So wird das CETA-Abkommen (Comprehensive Economic and Trade Agreement) der EU mit Kanada in den nächsten Tagen, fünf Jahre nach dem Inkrafttreten des Handelsteils, vom Bundestag ratifiziert. Sobald alle EU-Mitgliedsstaaten das Abkommen ratifiziert haben, kann es vollumfänglich, einschließlich Investitionsschutz, in Kraft treten.

Das EU-Neuseeland Freihandelsabkommen wurde am 30.06.2022 zwar erfolgreich abgeschlossen, jedoch muss es noch vom EU-Rat und dem EU-Parlament verabschiedet werden. Voraussichtlich im ersten Halbjahr 2023 kann mit dem Inkrafttreten gerechnet werden. Gleiches gilt für das EU-Australien Freihandelsabkommen, wo jedoch noch mindestens zwei Verhandlungsrunden anstehen werden. Wirtschaftlich besonders bedeutsam ist ein angestrebtes Freihandelsabkommen der EU mit Indien. Parallel zu den im Juni 2022 wieder aufgenommenen Verhandlungen wurde ein Handels- und Technologierat EU-Indien (TTC) ins Leben gerufen.

Herausfordernd gestaltet sich hingegen die Modernisierung des bestehenden EU-Mexiko Freihandelsabkommens. Die EU will das Abkommen aufspalten, in einen Handelsteil und einem Investitionsteil. Dies wird auf mexikanischer Seite jedoch vehement abgelehnt.

Ein Inkrafttreten des bereits 2019 ausgehandelten EU-MERCOSUR Handelsabkommens steht weiterhin auf der Kippe. Mit Zusatzprotokollen versucht man derzeit umstrittene Teile des Abkommens nach zu schärfen, um Bedenken eines unzureichenden Schutzes des Regenwaldes abzufedern. Inwieweit der neu gewählte Präsident Lula das MERCOSUR-Abkommen vorantreibt, bleibt abzuwarten. Die Tendenz auf brasilianischer Seite geht hin zu mehr Protektionismus, um die heimische Wirtschaft zu stärken. Für die europäische Wirtschaft dahingehend eine Gefahr, da sich der MERCOSUR-Wirtschaftsraum immer mehr in Richtung China bewegt.

Abschließend ging Herr Schwenke auf die Transatlantischen Wirtschaftsbeziehungen ein. Ein TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership) der EU mit den USA gilt weiterhin als unwahrscheinlich. Die 2021 ins Leben gerufene TBI (Transatlantic Business Initiative), Regionalinitiative der Deutschen Wirtschaft, dient als Kommunikations- und Austauschplattform, um mit der US-Administration beidseitige tarifäre und nicht-tarifäre  Handelshemmnisse zu erörtern. Nicht immer sind Konflikte lösbar, jedoch zahlt es sich aus, mehr miteinander und nicht übereinander zu reden.

Als Ergebnis bleibt festzuhalten, dass abgeschlossene Freihandelsabkommen erst dann ihre prosperiende Wirkung entfalten können, wenn die Nutzungsrate bei der Anwendung der Präferenzzollsätze steigt. Wirtschaftsbeteiligte scheuen den Aufwand, diese betriebsintern zu nutzen.

Germany Trade & Invest (GTAI):
https://www.gtai.de/de/trade/welt/zoll/freihandelsabkommen-der-europaeischen-union-eu–250822

Europäischer Rat der Union:
https://www.consilium.europa.eu/de/policies/trade-policy/trade-agreements/

Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK):
https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Pressemitteilungen/2022/08/20220829-bmwk-eu-kommission-investitionsschutz-im-rahmen-des-handelsabkommens-ceta.html