Die Digitalisierung verändert nicht nur Wirtschaft und Gesellschaft, sondern zunehmend auch das Steuerrecht. Die EU-Kommission hat Vorschläge für eine künftige Umsatzbesteuerung im digitalen Zeitalter vorgelegt. Im Mittelpunkt steht die Einführung einer elektronischen Rechnungsstellung für Unternehmen, die grenzüberschreitend in der EU tätig sind. Danach müssen Unternehmen in der EU elektronische Rechnungen zwischen Unternehmen (B2B-Sektor) ausstellen und ihrer Steuerverwaltung automatisch bestimmte Daten dieser Rechnungen gemäß einer europäischen Norm melden. Ergänzt wird der Vorschlag der EU-Kommission durch die Einführung einer einzigen EU-weiten Mehrwertsteuerregistrierung. Der BGA hat zu diesem Vorschlag über seinen europäischen Dachverband EuroCommerce gegenüber der EU-Kommission Ende März Stellung genommen. Darin wird die stärkere Nutzung der Digitalisierung in der Besteuerung grundsätzlich begrüßt, bei der Umsetzung jedoch auch vielfältige kritische Aspekte betont.

Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat im April dem BGA und weiteren Wirtschaftsverbänden den Diskussionsentwurf zur Einführung der obligatorischen elektronischen Rechnung für inländische B2B-Umsätze zur Stellungnahme zugeleitet. Anlass ist, dass die Bundesregierung bei der EU-Kommission einen Antrag auf Erteilung einer Ermächtigung nach der Mehrwertsteuer-Systemrichtline gestellt hat, um die Verständigung der Koalition von SPD, Grünen und FDP auf die Einführung eines bundesweiten einheitlichen Meldesystems zur Erstellung, Prüfung und Weiterleitung von Rechnungen in einem ersten Schritt durch die obligatorische Verwendung von elektronischen Rechnungen (eRechnungen) für inländische B2B-Umsätze umzusetzen.

Der BGA und sieben weitere Spitzenverbände haben zu diesem Diskussionsentwurf im letzten Jahr nach eingehenden Beratungen eine gemeinsame Stellungnahme abgegeben. Sie heben darin ausdrücklich die frühzeitige Einbindung in die Diskussion zur Einführung einer eRechnung für inländische B2B-Umsätze sowie ein späteres Meldesystem positiv hervor. Allerdings machen sie auch deutlich, dass die damit einhergehende Digitalisierung der umsatzsteuerlichen Rechnungsstellung mit weitreichenden Umstellungen von Prozessen verbunden ist. Auf Grund der großen ökonomischen Relevanz und der damit verbundenen Kosten müsse diese frühzeitig vorbereitet und umgesetzt werden, wenn die damit verfolgten Ziele die breite Akzeptanz der Unternehmen finden soll.

Eine Einführung der verpflichtenden eRechnung bereits zum 01.01.2025 halten die Verbände jedoch für die Breite der Wirtschaft für nicht realisierbar. Sie weisen auf die damit verbundenen Herausforderungen für Rechnungssteller wie Rechnungsempfänger, insbesondere für KMU hin. Damit die eRechnung bei ihrer verpflichtenden Anwendung reibungslos funktioniert, halten die Verbände eine Pilot- oder Testphase von zwölf Monaten für erforderlich, in der die Unternehmen eRechnungen über allgemein zugängliche – private oder staatliche eRechnungs-Plattformen auf freiwilliger Basis austauschen können. Sichergestellt werden muss auch, dass alle betroffenen Unternehmen auf eine stabile Breitbandversorgung zurückgreifen können. Zudem regen die Verbände vor dem Hintergrund der komplexen Fragestellungen und der erheblichen Relevanz einen übergreifenden Dialogprozess an, an dem neben staatlicher Bundes- und Länderfinanzverwaltung, Vertreter der deutschen Wirtschaft aus Verbänden und Unternehmen, insbesondere auch Vertreter von IT-Dienstleistern teilnehmen.

Quelle:
BGA, Direkt aus Berlin Nr. 11/2023 vom 25.05.2023