(Interview, video und Fotos: Harry Flint – link instinct®) 

 

Wir die Außenhändler, so heißt es auf allen Medien dieses Verbandes. Der AHV NRW, der Außenhandelsverband Nordrhein-Westfalen ist eine starke Verbandsgröße in unserem Bundesland und wird nicht zuletzt repräsentiert vom Geschäftsführer Andreas Mühlberg.

HF: Wenn wir über den AHV und seine Interessenvertretung nachdenken, dann denke ich zuerst an die vielen Industrien, an die vielen Branchen. Ist die große Bandbreite auch gleichzeitig die Stärke des Verbandes? 

AM: Ja, kann man so sagen, wir haben in der Tat viele Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen, die bei uns Mitglied sind. Es ist gelegentlich schon eine große Herausforderung, weil natürlich jede Branche ihre eigenen Gesetzmäßigkeiten und Problemstellungen hat. Dennoch ist es für unsere Mitgliedsunternehmen sehr interessant, mal bestimmte Herausforderungen durch andere Branchen dargestellt zu bekommen. 

Wir haben zum Beispiel bei uns Mitgliedsunternehmen, die sowohl Verpackungsmaschinen für Lebensmittelprodukte herstellen, aber dann auch gleichzeitig ein Tochterunternehmen haben, die wiederum die Lebensmittelprodukte herstellen.

HF: Und so können zweierlei völlig konträre Branchen miteinander im AHV Wirkung erzielen? 

AM: Wirkung erzielen und vor allem ihre Expertise anderen Mitgliedsunternehmen zur Verfügung stellen. Und wir unterstützen unsere Mitgliedsunternehmen bei allen Fragen der Markterschließung. 

Der größte Teil unserer Mitgliedsunternehmen sind kleinste, kleine und mittelständische Unternehmen. Wir haben aber auch wenige große Unternehmen. Die kleinen Unternehmen sind uns sehr ans Herz gewachsen, weil man natürlich aufgrund der Unternehmensgröße die ganzen Her­ausforderungen, die einem Außenhändler im Moment gestellt werden, gerade im Bereich der Regulatorik allein nicht bewerkstelligen kann. 

HF: Befruchten sich diese Betriebsgrößen gegenseitig? 

AM: Ja, sie befruchten sich dahingehend gegenseitig, weil natürlich auch die großen Interessen haben, wie die kleineren mit aktuellen Fragen umgehen. Das ist jedes Mal für mich sehr erfreulich, wie die Großen sich dann auch der Kleinen bedienen. Sei es auf der Vertragsebene, wenn es zum Beispiel eine Kunden-Lieferantenbeziehung gibt oder wenn man einfach mal fragt, wie geht ihr mit Fragen um, zum Beispiel bei einer Markterschließung in Ägypten? 

HF: Da können die Erfahrungen stark ausgetauscht werden?

AM: Das ist korrekt, das setzt natürlich voraus, dass die Bereitschaft da ist. Wir fördern ein starkes Wir-Gefühl. Daher heißt es ja auch „Wir die Außenhändler“. Durch persönliche Kontakte und Beziehungen fällt es dann auch mal leichter Auskunft zu geben, weil man weiß, derjenige ist auch mit seinem Unternehmen bei uns Mitglied. 

HF: Andreas Mühlberg ist seit vielen, vielen Jahren im Verband engagiert und hat ja auch 2022 eine ganz runde Zahl vollzogen. Unseren Glückwunsch an der Stelle noch einmal. 

AM: Ja, herzlichen Dank. In der Tat, ich habe zum 1.10.1997 angefangen als Geschäftsführer beim Außenhandelsverband Nordrhein-Westfalen. Damals hatten wir unsere Geschäftsstelle noch in Bonn und seit dem 1.1.1998 hier unter dem Dach der Düsseldorfer Arbeitgeberverbände. 

HF: Das ist eine stolze Zahl. Der AHV NRW ist aufgehängt im Unternehmerschaft Verbund NRW. Wie ist denn die Repräsentanz auf der europäischen Ebene, wie ist man in Brüssel denn vertreten? 

AM: Die Repräsentanz in Brüssel basiert auf zwei Säulen. Zum einen sind wir über unsere Mitgliedschaft im Bundesverband des Deutschen Exporthandels (BDEx e. V.) mit dem Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA e. V.) verbunden. Zum anderen ist der BGA und der BDEx wiederum mit EuroCommerce verflochten. Unsere Bundesverbände sind eingebunden in aktive Gesetzgebungsverfahren, sei es auf EU-Ebene oder auf nationaler Ebene.

Wir erstellen Positionspapiere, die wiederum auf dem Input basieren, den die Bundesverbände von ihren Mitgliedsverbänden bekommen. Zudem holen wir uns den Input unserer Mitglieds­unternehmen, um die Aspekte, die uns vorgetragen werden, mit einfließen zu lassen.

HF: Man kann also sagen, wer sich im AHV als Mitglied politisch, thematisch einbringt, wird gehört und kann damit rechnen, dass seine Botschaft auch transportiert wird.

AM: Genau das ist der Punkt, wenn man sich die Positionspapiere durchliest. Zu verschiedenen Themen wie Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, EU Lieferketten Richtlinien oder auch China Positionspapier. Dann können unsere Mitgliedsunternehmen anhand gewisser Textstellen erkennen, dass sie ihre vorgetragenen Aspekte dort wiederfinden. Gleichwohl muss man immer wieder sagen, wir können natürlich nur so gut sein und so gut die Interessen vertreten, wie der Input ist, der an uns hergetragen wird. 

HF: Da findet dieser aktive Austausch also statt. Mein Fachthema, kann ich das einspeisen, kann ich mein Wissen teilen? 

AM: Ja, das geht auf jeden Fall, primär im persönlichen Gespräch.

Wir vereinbaren zum Beispiel immer mal wieder Termine bei Mitgliedsunternehmen zusammen mit anderen Mitgliedsunternehmen. Wir bieten im Rahmen unserer neuen Veranstaltungsreihe, der AHV-FOKUS, auch die Möglichkeit, dass man in einer 90-minütigen Zeit die Möglichkeit hat, einen Impulsvortrag zu einem bestimmten Thema zu hören. Anschließend wird darüber diskutiert und sich ausgetauscht. 

HF: Der AHV fördert den Nachwuchs und sorgt dafür, dass junge Kräfte, die als Young Professionals in den Markt kommen, ihr Wissen teilen können, aber auch ihr Wissen mehren können, ausgebildet werden. Wie nennen wir das? 

AM: Wir nennen das Fit-For-Trade. Das Betätigungsfeld, Nachwuchsförderung im Außenhandel, haben wir vor einigen Jahren neu aufgestellt, neu entwickelt. Damit haben wir große Erfolge erzielt, weil wir feststellten, dass zum Beispiel Absolventen von Universitäten oder Hochschulen primär in größere Unternehmen hinein gehen wollen. Wir aber immer sagen, insbesondere der Klein- und Mittelstand sucht händeringend nach Nachwuchs. Deshalb haben wir uns dazu entschlossen, die Fit-For-Trade Veranstaltungsreihe aufzusetzen.

HF: Fit-For-Trade klingt gut, macht dynamische Themen denkbar. Da kommt jetzt der Werkstudent, der Auszubildende, der Young Professional, der gerade eingestellt ist, hin und wird von wem gecoacht?

AM: Gecoacht werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer eher weniger, sondern wir bieten ein auf die Unternehmenspraxis heruntergebrochenes Seminarangebot an für Nischenthemen, wie zum Beispiel praktische Anwendungen der INCOTERMS® im Unternehmen und Einführung in die Exportkontrolle. Oder auch in Themen wie juristisches Grundwissen für Kaufleute und auch Techniker mit internationalem Bezug. Also daran denken
wir immer.

HF: Also Referenten aus der Praxis? 

AM: Genau, Referenten aus der Praxis. Das kommt sehr gut an, weil natürlich bedingt durch eine verschärfte Regulatorik, Stichwort Embargobestimmungen und auch Dual-Use-Ausfuhren, ist Exportkontrolle ein Dauerthema und hier sehen wir auch großen Beratungs- und Informationsbedarf im Kreise der Mitgliedschaft. 

HF: Young Professionals sind der Nachwuchs. Was ist mit etablierten Kräften, wie treffen die sich, wie tauschen die sich aus? Wie können Mitglieder auf informellen Weg auch zueinander finden? 

AM: Hier bieten wir mehrere Veranstaltungsformate an. Wir haben zum einen unser regelmäßiges Mitgliedertreffen, den After-­Trade-Club. Immer am ersten Donnerstag im Monat an wechselnden Standorten. Das hat den Charme, weil es auch immer eine andere Besetzung hat an Teilnehmern, weil natürlich nicht alle immer am selben Tag Zeit haben. Und das befruchtet natürlich den gegenseitigen Informations- und Erfahrungsaustausch. Auch für mich ist es immer sehr wichtig daran teilzunehmen, weil man dann auch mit den Mitgliedsunternehmen auf einer persönlichen Ebene viel besser ins Gespräch kommt als am Telefon. 

HF: In dieser Zusammenstellung gibt es eine Neuausrichtung, die sich auf diese Aktivitäten fokussiert, damit der Verband fast schon von den Mitgliedern getrieben ist. 

AM: Ja, ich weiß, worauf Sie hinauswollen. Die Neuaufstellung, wo wir ja bereits in der Umsetzung sind, basiert auf einem Vier-Säulen-Prinzip. Der AHV NRW definiert sich über das Unternehmensnetzwerk, über den Know-how-Transfer, über die Nachwuchsförderung und über die politische Kommunikation. Alle vier Säulen sind auch miteinander verbunden durch ein Fundament und das Fundament sind unsere Mitgliedsunternehmen.

HF: Das Leistungsportfolio des Verbandes klingt so, als wäre die Mitgliedschaft in sich schon lohnenswert, rein monetär. Was sagen Sie den Mitgliedern oder Interessierten, die auch in anderen Fachverbänden bereits organisiert sind? Sich jetzt die Frage stellen, macht es Sinn auch unter das Dach des AHV NRW zu schlüpfen? 

AM: Es macht auf jeden Fall Sinn, weil wir uns natürlich auch einer Reihe von Querschnittsthemen widmen, die Fachverbände zum Teil nicht abdecken können oder auch wollen. Wer uns kennt, der weiß, dass der AHV NRW keine Berührungsängste hat zu anderen Verbänden oder auch zum IHK- oder AHK-Netzwerk. Wir gehen da sehr pragmatisch mit um. Die Fachverbände haben natürlich den Vorteil, dass sie Fachexpertisen zu ganz bestimmten Themen haben, wie zum Beispiel REACH oder auch im Bereich der Zertifizierung, wie die beim ZVEI. Wir haben schon einige Mitgliedsunternehmen, die sind sowohl Mitglied in dem Fachverband als auch zusätzlich bei uns im AHV, weil sie das auch als optimale Ergänzung für sich nutzen können. 

HF: Der AHV bringt aus der Außenbetrachtung ein rundes Paket mit. Hat der die Substanz im Mehrklang der vielen überregional greifenden Verbände einen Status zu erhalten? Hat der eine Lobby?

AM: Ja, der AHV NRW hat schon eine Lobby. Man darf nicht vergessen, den AHV gibt es seit 1946. Der AHV hat sich über die Jahre hinweg sehr gut entwickelt. Natürlich gab es auch hin und wieder Rückschläge, das ist vollkommen normal. Aber wir haben aufgrund des Engagements unserer Mitgliedsunternehmen schon ein entsprechendes Standing, welches wir uns auch über die Jahre hinweg hart erarbeitet haben.

HF: Vielleicht zum Abschluss noch, die Repräsentation erfolgt letztendlich ja auch durch die Mitglieder selber, die auf ihren lokalen, auf ihren regionalen, europäischen, auf den globalen Märkten präsent sind. Tragen die Mitglieder die Botschaft des AHV denn in sich und auch im Gepäck und werden dann zu AHV-Botschaftern?

AM: Ja, ein Großteil unserer Mitgliedsunternehmen, sind Botschafter und natürlich sind persönliche Empfehlungen immer herzlich willkommen. Das geschieht auch und ich finde es immer wieder spannend und auch interessant zugleich, wie dann die Kommunikationswege zusammenlaufen und man mit uns ein Gespräch führen möchte. 

HF: Der Aufruf zum Dialog ist gegeben. Ich danke Andreas Mühlberg für dieses Jahresgespräch zur Tätigkeit im Außenhandelsverband Nordrhein-Westfalen. Interessierte Unternehmen können sich anschließen, können mitwirken. Ich denke, da ist hier in der Geschäftsstelle Düsseldorf auf der Achenbachstraße, immer ein offenes Wort zu hören. 

AM: Absolut, herzlich willkommen.

Sie können sich den Podcast des Interviews hier anhören:

Das Jahresgespräch wurde geführt von: Harry Flint, link instinct®, Deutscher Fachjournalisten Verband DFJV e. V.

Kontakt:

Dipl.-Betriebswirt
Andreas Mühlberg
Geschäftsführer

Außenhandelsverband Nordrhein-Westfalen e. V.
Achenbachstraße 28
40237 Düsseldorf
T +49 211 66 908 28
F +49 211 66 908 40
andreas.muehlberg@ahv.nrw
www.ahv.nrw