Rückblick: Fit for Trade / Vertragscontrolling im Auslandsgeschäft – Instrumente für rechtssicheren Vertrieb und Beschaffung
Am 11.06.2024 fand das Fit for Trade Webinar: Vertragscontrolling im Auslandsgeschäft – Instrumente für rechtssicheren Vertrieb und Beschaffung statt. Aufgrund der Komplexität und der starken Nachfrage aus dem Mitgliederkreis wird das Webinar zweigeteilt. So stand am 11.06.2024 das rechtssichere Begründen von Vertragsbeziehungen im Fokus. Am 07.10.2024 werden dann in einem zweiten Teil Risiken und Störungen während der Vertragsbeziehung durchleuchtet und es werden Möglichkeiten einer rechtssicheren Beendigung von Vertragsbeziehungen erläutert.
Referent Herr RA Dr. Fabian Breckheimer, Fachanwalt für Internationales Wirtschaftsrecht, CARSLWERK Rechtsanwälte, Düsseldorf, ging zu Beginn auf den Begriff „Vertragscontrolling“ ein. Nach gängiger Auffassung ist Vertragscontrolling ein Bestandteil des Vertragsmanagements. Es soll die einzelnen Vertragsbeziehungen, die ein Unternehmen hat, verwalten und optimieren. Dabei werden Vertragsrisiken über die Vertragslaufzeit gesteuert und bestenfalls minimiert. Im Falle eines Rechtsstreits wird zunächst ermittelt, ob und mit welchem Inhalt ein Vertrag zustande gekommen ist. Daher wurde die Ausgangsfrage, wie ein Vertrag überhaupt zustande kommt, ausführlich beantwortet. Dabei ging der Referent u.a. auch auf die Abgrenzung von „Letter of Intent / Memorandum of Understanding“ zum „Vorvertrag“ ein. Um eine nachträgliche Auslegung des Vertragsinhalts überflüssig zu machen, sollten von vorneherein klare, präzise und vollständige Regelungen im Vertrag getroffen werden. Sprachliche Missverständnisse kommen gerade im grenzüberschreitenden Geschäft immer wieder vor. Englischsprachige Verträge sind im Außenhandel zwar gang und gäbe, aber gerade für Nicht-Muttersprachler mit Risiken behaftet. „Legal English“ ist etwas anderes als „Plain English“. Begriffe im „Legal English“ haben häufig eine gänzlich andere Bedeutung als im „Plain English“.
Einen breiten Raum fand die Frage nach der Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB). Um Wirkung zu entfalten, müssen AGB wirksam in den Vertrag einbezogen und inhaltlich wirksam sein. Im Rahmen des Vertragscontrollings empfiehlt sich daher ein deutlicher Hinweis auf die Geltung der AGB auf allen Geschäftspapieren; im Zweifel und aus Vorsicht sollte man sich deren Geltung vom Vertragspartner ausdrücklich bestätigen lassen. Da die AGB-Rechtsprechung höchst dynamisch ist, empfiehlt es sich, diese regelmäßig (mind. alle zwei Jahre) auf ihre inhaltliche Wirksamkeit überprüfen zu lassen. Individualvereinbarungen können die AGB sinnvoll ergänzen.
Anschließend gab es einen Exkurs zum aktuell diskutierten Umgang mit der gesetzlich verankerten „No Re-export Russia Clause“ (Art. 12g der EU-Verordnung Nr. 833/2014). Die EU-Kommission denkt naturgemäß „europäisch“, deutsche Unternehmen müssen jedoch „deutsch“ denken. Es müssen also deutsch-rechtliche Maßstäbe angelegt werden. Ein einseitiger Hinweis des deutschen Ausführers auf Einhaltung der Klausel reicht demnach wohl nicht aus. Es braucht vielmehr eine vertragliche Vereinbarung. Es verbleiben derzeit jedoch Unklarheiten, daher bleibt abzuwarten, wie die zuständigen Behörden und die Gerichte entscheiden werden.
An die AGB-Einbeziehung gegenüber ausländischen Geschäftspartner sind ebenfalls hohe Anforderungen geknüpft. Die Vertragssprache spielt eine wichtige Rolle – die AGB müssen in der Vertrags- bzw. Verhandlungssprache des Vertragspartners abgefasst sein. Überdies sind landesspezifische Besonderheiten im Hinblick auf die Wirksamkeit der AGB zu beachten, z.B. unterschiedliche Anwendung des Eigentumsvorbehalts. Fragen zur Rechtswahl, dem UN-Kaufrecht, dem Gerichtsstand und Möglichkeiten der Vereinbarung einer Schiedsgerichtsbarkeit rundeten den Vortrag ab.
Der Außenhandelsverband Nordrhein-Westfalen (AHV NRW e. V.) bietet qualifizierten Nachwuchskräften und Seiteneinsteigern in international tätigen Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen ein zielgerichtetes Weiterbildungsangebot an. Dabei wird auf aktuelle Entwicklungen in der Außenhandelspraxis eingegangen, wie z.B. Russland-Sanktionen, Preisanpassungsklauseln bei Lieferverträgen u.v.m. Im Fokus der Online-Veranstaltungsreihe steht die Vermittlung von Grundlagenwissen im Außenhandel. Der AHV NRW arbeitet mit qualifizierten und erfahrenen Dozenten aus der Außenhandelspraxis zusammen. Somit werden Nachwuchskräfte und Seiteneinsteiger fit for trade gemacht.
Das nächste Fit for Trade Webinar findet am 17.09.2024 in Präsenz (Industrie-Club Gelsenkirchen) zum Thema: Exportkontrolle in der Auftragsbearbeitung statt.