Aus dem AHV NRW Magazin: K(l)eine Lösungen für ganz Europa
K(l)eine Lösungen für ganz Europa
Text: Jan Krückemeyer
Chancen durch Diversität: Warum der EU-Binnenmarkt trotz bzw. aufgrund der Unterschiedlichkeit wichtig für international tätige Mittelständler wie die Krückemeyer GmbH ist.
Bereits in den 1970er Jahren erkannte Reinhard Krückemeyer das Potenzial des europäischen Handels für seine Firma. So entwickelte sich das Unternehmen im Laufe der Jahrzehnte zu einem technologieorientierten Großhändler und Verarbeiter von Klebebändern, Schleifmitteln, selbstklebenden Schaumstoffen und technischen Folien, der heute mit 55 Ländern Geschäftsbeziehungen unterhält. Dabei erwirtschaften vier Firmenniederlassungen von Krückemeyer in drei europäischen Ländern einen Jahresumsatz von rund 30 Millionen Euro.
Wer nun aber glaubt, dass ein Produkt in allen Märkten der EU-Länder und bei allen europäischen Kunden funktioniert, der liegt oft daneben. Mit einem Spezial-Klebeband für die Verbauung von Fenstern in Benelux können Handwerker in Deutschland aufgrund einer anderen Fertigungstechnik nichts anfangen. Während ein besonderes Klebeband in Personenaufzügen in Deutschland zugelassen ist, ist das gleiche Klebeband im gleichen Fahrstuhl aus brandschutztechnischen Gründen in Frankreich verboten. In Polen und Tschechien ist zur Außerkraftsetzung eines Verkehrsschildes ein Neutralisierungsklebeband vorgeschrieben, in Spanien und in den Niederlanden reicht dafür eine schwarze Plastiktüte als Überzug aus. Diese und viele andere Unterschiede führen seit Beginn der EU zu Irritationen. Gleichzeitig bieten sie auch Chancen.
Ein mittelständisches Handelsunternehmen, das ausschließlich Norm- oder Standardprodukte in der EU anbietet, kann sich gegenüber größeren, finanzstärkeren Anbietern immer seltener durchsetzen. Daher hat sich der strategische Fokus von Krückemeyer in den letzten 20 Jahren dahin verändert, passgenaue Lösungen für individuelle Märkte und Kunden zu entwickeln und zu produzieren. Mit dem Bewusstsein, sich von hohen Volumen und Stückzahlen zu verabschieden und stattdessen in der Nische maßgeschneiderte Anwendungslösungen im kleinen und mittleren Mengensegment anzubieten. Und das für über 50 Branchen in Europa und weltweit. Genau hierin liegen andererseits eben auch Vorteile für mittelständische Unternehmen, die oft flexibler als Großunternehmen und Konzerne agieren, weil sie schneller auf Veränderungen reagieren können. Diese Firmen sind wichtige Impulsgeber für Innovationen und haben oft frische Ideen und Wachstumspotenzial.
Alternative Quellen
Spätestens seit dem Green Deal der letzten Kommission rückt das Thema „Nachhaltigkeit“ unumkehrbar in den Mittelpunkt des wirtschaftlichen Handelns in der Europäischen Union. Dies bedeutet auf der einen Seite für KMUs schier erdrückende Regulatorik in Form von Verordnungen und Richtlinien. Auf der anderen Seite eröffnen sich gerade für viele dieser Firmen unglaubliche Chancen in der aktuellen Transformationsphase, neue Lösungen, Produkte und Dienstleistungen zu kreieren. Dabei sind zunächst keine Massenproduktionen zu erwarten (siehe Elektroautos oder Wärmepumpen), die sich mittelfristig durch die Kombination aus ökonomischen und nachhaltigen Zielen beweisen müssen. Bereits seit geraumer Zeit hat Krückemeyer damit gute Erfahrungen gemacht, wenn es um wiederverwendbare Produkte, materialschonende Lösungen oder technische Sauberkeit mittels Fertigung im Reinraum (ISO 9) geht. Wobei hervorzuheben ist, dass sich der Standortfaktor „Qualität“ auszahlt, da viele Produkt- und Prozessentwicklungen in Deutschland und Westeuropa betrieben werden, die dann bei Marktreife in Mittel- und Osteuropa produktionstechnisch in Serie gehen.
Customized Solutions
Seit Corona und den geopolitischen Spannungen haben sich international viele Lieferketten verändert. Unternehmen wie Krückemeyer müssen nun verstärkt auf alternative Quellen und robustere Abläufe setzen, um Störungen zu minimieren. Hierbei können frugale Innovationen von Vorteil sein. Darunter versteht man Anwendungslösungen, die neu durchdacht und entwickelt, spezifisch zugeschnitten, ressourcenschonend und nachhaltig sind. Dass sich diese frugalen Produkte nicht nur in Schwellenländern, sondern in individuellen EU-Märkten realisieren lassen, belegt das Beispiel Trim Mask, ein Autoreparaturklebeband: In Spanien möchte man ein dünneres Papier, in Griechenland einen schmaleren Folienstreifen, in Italien eine andere Farbe. Also keine alleinige Lösung für ganz Europa. Aber lauter kleine gezielte Lösungen für europäischen Ländermärkte. ◀
Jan Krückemeyer
Geschäftsführender Gesellschafter
Krückemeyer GmbH
Schleifmittel und Klebebänder
Dortmunder Straße 4
57234 Wilnsdorf
T +49 2739 801 0
info@krueckemeyer.de
www.krueckemeyer.de
Dieser Artikel ist auch im AHV NRW Magazin 2024 zu finden oder Sie können den Artikel hier als PDF herunterladen: