Aus dem AHV NRW Magazin: Das Carnet A.T.A. wird digital

Aktualisiert: 21.02.20253,5 min. Lesezeit

Das Carnet A.T.A.

wird digital

 

 

Text: Jörg Schouren

 

Waren, die z. B. als Exponate für eine internationale Messe im Ausland gedacht sind, kommen regelmäßig nach Ablauf der Messe im unveränderten Zustand wieder zurück. Dieser Prozess erfordert zolltechnisch betrachtet insgesamt vier eigenständige Zollanmeldungen durch den Wirtschaftsbeteiligten. Beginnend mit der Ausfuhranmeldung für die (temporäre) Ausfuhr aus der EU. Für die (temporäre) Einfuhr im Land der vorübergehenden Verwendung, z. B. als Messeexponat, ist ebenfalls eine Zollanmeldung nach dem Zollrecht des Bestimmungslandes sowie die Hinterlegung der Einfuhrabgaben als Sicherheit notwendig. Und wenn die Messe zu Ende ist und das Exponat wieder in die Heimat zurück soll, sind entsprechende Zollanmeldungen in der umgekehrten Reihenfolge erforderlich. Das ist nicht nur zeit- sondern auch durch die Entrichtung von Abgaben kostenintensiv.

Die Internationale Handelskammer (ICC) hat daher schon in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts dafür ein international standardisiertes Verfahren entwickelt, nämlich das Carnet A.T.A.. Auf diese Weise werden nun die oben kurz skizzierten vier einzelnen Zollanmeldungen quasi in einem Heft (französisch: Carnet) gebündelt. So findet nun der Wirtschaftsbeteiligte für die jeweiligen Zollabwicklungen die erforderlichen „Zollanmeldungen“ in diesem Carnet vor. Das Kürzel „A.T.A.“ steht für die französische und englische Bezeichnung „Vorübergehende Verwendung“. Der wesentliche Vorteil für den Wirtschaftsbeteiligten sind schnellere, weil standardisierte Zollabwicklungen. Man spart dadurch entsprechend Zeit.

DIHK
Ein zweiter nicht zu unterschätzender Vorteil ist der Verzicht auf die Zahlung der entsprechenden Eingangsabgaben, denn das Carnet-Verfahren setzt auf ein so genanntes Zollbürgensystem. Jeder Teilnehmerstaat ist verpflichtet, für die Sicherstellung des Einfuhrabgabenrisikos bei nicht ordnungsgemäßer Abwicklung, einen Zollbürgen zu bestimmen. In Deutschland hat die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) diese Rolle übernommen. Das ist auch der Grund, warum die regionalen Industrie- und Handelskammern in Deutschland für die Ausstellung von Carnets im Auftrag der DIHK zuständig sind.

eCarnet-Admin
Die Antragstellung zur Ausstellung eines Carnet A.T.A. erfolgt bei der für den Wirtschaftsbeteiligten örtlich zuständigen Industrie- und Handelskammer (IHK). Traditionell erfolgt die Antragstellung analog, also auf entsprechend vorgesehenen Formvordrucken. Seit Beginn 2024 ist die Beantragung auch flächendeckend digital über eine Webanwendung möglich. Auf diese Weise erspart sich der Antragsteller den Weg für die Einreichung des ausgefüllten Carnets zu seiner IHK. Den Zugang zu dieser Anwendung erhält der Antragsteller durch ein vorheriges Registrierungsverfahren. Dazu benennt das Unternehmen einen so genannten eCarnet-Admin. Idealerweise sollte ein(e) Vertreter(in) gleich mitbenannt werden.

Diese Administratoren sind zugleich die ersten und wichtigen Ansprechpartner gegenüber der IHK. Und sie haben die Berechtigung, weitere im Unternehmen für die digitale Beantragung von Carnets zuständige Mitarbeitende als Nutzer anzulegen. Bei der digitalen Beantragung werden die erforderlichen Daten direkt in die Webanwendung eingegeben. Weil das Carnetverfahren unter Einbindung der betroffenen Zollverwaltungen im In- und Ausland noch Papiergestützt ist, werden die Daten in der IHK auf die Carnetvordrucke ausgedruckt. Die Schritte des digitalen Antrags- und Ausstellungsverfahrens sind in der nachfolgenden Abbildung kurz dargestellt.

Smartphone
Die elektronische Antragstellung ist der erste Schritt zu einer vollständigen Digitalisierung des Carnetverfahrens unter digitaler Einbindung aller im In- und Ausland beteiligten Zollstellen. Ziel ist es, die jeweilige Zollabwicklung statt mit den Papier-Carnet-Vordrucken, zum Beispiel mit einem Smartphone oder einem anderen digitale Endgerät vorzunehmen. Derzeit laufen erste Testversuche unter Beteiligung ausgewählter Industrie- und Handelskammern, bestimmte Zollverwaltungen in Deutschland und in der Schweiz. Bis zu dieser vollständigen Implementierung wird noch eine Weile vergehen. Aber bereits jetzt sollten potenzielle Antragsteller das Angebot der digitalen Carnet-Antragstellung vollständig nutzen und dabei die jeweils örtlich zuständigen Industrie- und Handelskammern ansprechen.

Jörg Schouren
Referent Außenwirtschafts und
Zollrecht

IHK Mittlerer Niederrhein
Friedrichstraße 40
41460 Neuss

T +49 2131 9268 563
Joerg.Schouren@mittlerer-niederrhein.ihk.de
www.mittlerer-niederrhein.
ihk.de

 

Dieser Artikel ist auch im AHV NRW Magazin 2024 zu finden oder Sie können den Artikel hier als PDF herunterladen:

 

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