Amerikanische Außenpolitik im Fokus – Außenhandelsverband NRW lädt zur Diskussion in den Industrieclub Düsseldorf (Inkl. Fotoreportage)
Welche Folgen haben die außenpolitischen Weichenstellungen der USA für Europa, insbesondere im Kontext des Superwahljahres 2024/25? Diese zentrale Frage stand im Mittelpunkt einer prominent besetzten Veranstaltung des Außenhandelsverbands Nordrhein-Westfalen (AHV NRW) im Industrieclub Düsseldorf.
Der AHV NRW, Teil der Unternehmerschaft Düsseldorf und Sprachrohr exportorientierter Unternehmen, hatte ein breites Fachpublikum eingeladen – von Geschäftsführungen über Führungskräfte bis hin zu Nachwuchstalenten. Ziel war es, aktuelle geopolitische Entwicklungen einzuordnen und wirtschaftliche Implikationen praxisnah zu beleuchten.
Dr. Christoph Heusgen: Klartext zu transatlantischen Beziehungen und Europas Rolle
Höhepunkt des Nachmittags war der Vortrag von Dr. Christoph Heusgen, Botschafter a.D. und Honorarprofessor an der Universität St. Gallen. Als langjähriger außenpolitischer Berater von Bundeskanzlerin Angela Merkel und ehemaliger deutscher UN-Botschafter bot Heusgen tiefgehende Einblicke in die gegenwärtige internationale Lage.
Er sprach offen über außenpolitische Fehleinschätzungen in der Vergangenheit – insbesondere im Umgang mit Russland. Die Pipelineprojekte wie „Nord Stream“ hätten rückblickend europäische Abhängigkeiten verfestigt. Zudem hob Heusgen hervor, dass sich Wladimir Putin spätestens seit dem Arabischen Frühling deutlich autoritärer positioniert habe – aus Angst vor Kontrollverlust im eigenen Land.
China, Schulden, Stromversorgung – globale Risiken im Fokus
Neben Russland nahm Heusgen auch China ins Visier. Zwar sei wirtschaftliche Kooperation wichtig, doch warnte er davor, China als Wertepartner zu betrachten. Die Volksrepublik verfolge kompromisslos eigene Interessen, habe mit demografischen Herausforderungen zu kämpfen und versuche, die BRICS-Staaten zu stärken – bislang jedoch ohne einheitliche Linie.
Die wirtschaftliche Lage der USA war ein weiteres zentrales Thema: Das Land ist hoch verschuldet – allein China hält US-Staatsanleihen im Wert von rund 750 Milliarden Dollar.
Podiumsdiskussion: Konkrete Impulse für die Praxis
In der anschließenden Gesprächsrunde diskutierten Dr. Heusgen, Jürgen Steinmetz (Hauptgeschäftsführer der IHK Mittlerer Niederrhein) und Thorsten Hebrock (Exportleiter und Menschenrechtsbeauftragter bei Sonepar Deutschland) die konkreten Auswirkungen auf Unternehmen.
Hebrock betonte die Relevanz vom geopolitischem Risikomanagement. Infrastrukturprobleme in den USA, wie die veraltete Stromversorgung, bergen laut Thorsten Hebrock große Risiken. Als Beispiel nannte er kürzliche Stromausfälle in Südeuropa, die als Warnsignal gelten könnten.
Steinmetz forderte einen entschlossenen Bürokratieabbau und bezahlbare Energiepreise: „Unabhängigkeit von politischen Rahmenbedingungen ist essenziell.“
Moderation mit Gespür und Expertise
Durch den Nachmittag führte der Journalist und Kommunikationsberater Harry Flint. Mit präziser Moderation, Fachkenntnis und Einbindung des Publikums sorgte er für einen lebendigen und erkenntnisreichen Austausch.
Fazit: Wachsamkeit, Diversifizierung und regionale Stärke
Die Veranstaltung machte deutlich: Europa muss sich strategisch neu aufstellen – politisch wie wirtschaftlich. Dr. Heusgen appellierte eindringlich an Unternehmen, ihre internationalen Aktivitäten zu diversifizieren und sich auf mögliche Wohlstandsverluste einzustellen. Auch die Förderung regionaler Wirtschaftsbeziehungen – etwa zwischen NRW und den Niederlanden – wurde als zukunftsweisend hervorgehoben.
Der AHV NRW unterstrich mit dieser Veranstaltung einmal mehr seine Rolle als Brückenbauer zwischen Wirtschaft und Politik – und als Plattform für den offenen Dialog über die Herausforderungen unserer Zeit.